Montag, 14. Dezember 2020

Budget 2021 - Eine unangenehme Wahrheit

Der Personalaufwand steigt seit der Fusion um CHF 4.4 Mio. Trotz Krise will die Stadt weitere 30-40 Vollzeitstellen schaffen, statt den Gürtel enger zu schnallen. Dafür verlangt der Stadtrat weitere 4 Steuerprozente, die nicht einmal die Personalwachstumskosten abdecken, sondern auch noch einen Jahresverlust von CHF 4.4 Mio generieren.

Wir steuern auf einen Schuldenberg von fast CHF 100 Mio. zu, und die Pandemiekosten sind hier noch nicht einmal vollständig miteingerechnet, weil dieses Budget nach der ersten Corona-Welle erstellt worden ist.

 

Wie soll man dieses Budget und die Tatsache, dass die Stadt das Personal um 8.3% aufstocken will, der Gastro-, Taxi- Kultur- und Hotelbranche, überhaupt dem lokalen Gewerbe, erklären? Die beantragten 4 Steuerprozente genügen dafür nicht und die Verschuldung wird so hoch, dass wir jahrzehntelang dafür bezahlen werden.

 

Im Vorwort zum Budget 2021 erwähnt der Stadtrat, dass die Coronakrise ihre Spuren hinterlässt. Frage: Wie kann es sein, dass die weltweite Pandemie, die die Schweiz hart getroffen hat, in keiner einzigen Bezirksgemeinde, auch nicht in einer Seegemeinde, nicht einmal in der Stadt Zürich, zu einer Steuerfusserhöhung geführt hat?

 

Das Hauptproblem unserer Stadt sind die seit der Fusion exorbitant wachsenden Personalaufwände. Im Vergleich zur Rechnung 2019 wird CHF 4.4 Mio mehr für Personal ausgegeben.

 

Wenn jetzt die Abteilung „Werke“ und „Alterszentrum Frohmatt“ ausgeklammert werden, die einerseits gebührenfinanziert und andererseits Einnahmen durch „Entgelte“ generieren, dann sieht die Situation noch schlechter aus: Die Personalaufwände steigen um 8.7%, das wären für die letzten 2 Jahre im Schnitt je 4.3%!

 

Wie haben denn die Wachstumsraten für Personalaufwände früher ausgesehen? Zwischen 2010 und 2018 ist die durchschnittliche Rate bei 2% gelegen, was bereits deutlich mehr ist, als die durchschnittliche Teuerungsrate von 0.5%. Mit welchen Personalwachstumsraten rechnet der Stadtrat in den nächsten 4 Jahren? Im Finanzentwicklungsplan 2021-2024 plant er weiterhin mit unrealistischen 1%, die in den vergangen 10 Jahren nie eingehalten werden konnten.

 

Die unangenehme Wahrheit ist: Die Stadt hat seit der Fusion 2019 die Kostensteigerungen überhaupt nicht im Griff.

 

Der Stadtrat weicht der Diskussion zu diesen Kosten aus. Seit einem Jahr warten wir auf die Antwort zu den Fusionskosten, die gemäss Geschäftsreglement innerhalb von 3 Monaten beantwortet werden sollte. Er verletzt bewusst unsere Gemeindeordnung weil die Wahrheit unangenehm ist.

Zitat Philipp Kutter zum Thema Fusion:  „…Einsparungen eingerechnet..“, „….Synergien Nutzen…“, „…finanzielle Mehrbelastung vermeiden..“, „… die Fusion sollte keine Steuerfusserhöhung nach sich ziehen…“. Dies kann alles in der ZSZ oder in den Protokollen der Gemeinderatssitzungen nachgelesen werden.

 

Wenn der Stadtrat verspricht, dass keine Mehrbelastung durch die Fusion erfolgen sollte, dann gelingt dies nur durch eine Effizienzverbesserung und durch Prozessoptimierungen. Dafür hat der Kanton auch CHF 7.6 Mio zur Verfügung gestellt. Die GLP hatte bereits vor der Fusion die Modellrechnung angezweifelt und sich für eine detailliertere Prüfung ausgesprochen.

 

Der Stadtrat hatte jedoch beschwichtigt und meinte, dass, Zitat Philipp Kutter «die Modellrechnung detailliert betrachtet und eher konservativ budgetiert» wurde und «die Hausaufgaben gemacht und die gesetzten Ziele» erreicht seien.

 

Wie soll ohne Optimierung und Effizienzverbesserungen der Steuerfuss von Wädenswil beibehalten werden können, wenn derjenige von Schönenberg vor der Fusion um 8% und von Hütten um 27% höher lagen? Wie soll die Primarschule die bezirksweite höchsten Schulaufwände pro Schüler von den Hüttener und Schönberger Schülern in den Griff bekommen, ohne Optimierung Ihrer Ablauforganisation? Wieso bläst die Primarschule Ihre Organisation auf, bevor Sie überhaupt weiss, wo der Kostenschuh wirklich drückt?

 

Die Fragen bleiben, Antworten haben wir keine, weder von der Stadt noch von der Schule, obwohl der Stadtrat vor 12 Monaten vom Parlament damit beauftragt worden ist. Es liegt jetzt am Stadtrat aufzuzeigen wie und wo die Effizienzverbesserungen stattgefunden haben oder geplant sind, damit die ursprünglichen Versprechungen eingehalten werden können. Es liegt nicht am Gemeinderat dutzende von Anträgen zu wiederholen, die sie bereits mehrfach in den vergangenen Jahren gestellt hatte, um das Budget wieder ins Lot zu bringen.

 

Auch der Stadtrat ist sich bewusst, dass «wir uns zuviel leisten, im Verhältnis zu unseren Möglichkeiten». Die beantragte Steuererhöhung von 4% wird das Problem allein nicht lösen, sondern bloss die erste sein einer ganzen Reihe von Steuerhöhungen. Die unbekannten Coronakosten durch Ertragsminderungen sind hier noch nicht einmal vollständig eingerechnet, im Gegenteil, die Stadt plant im 2021 mit zusätzlichen CHF 2 Mio. Steuereinnahmen. Dabei wissen wir bereits heute, dass die Hochrechnung für das Jahr 2020 deutlich schlechter abschliessen wird, als ursprünglich budgetiert.

 

Dieses Budget ist ein Affront gegenüber den Stimmbürgern, die den Fusionsverspechen geglaubt hatten, es gehört zurückgewiesen. Es würde beim Steuerzahler nur verständnisloses Kopfschütteln auslösen, denn es darf mit Recht erwarten, dass die Stadt gerade in diesen ausserordentlichen Zeiten noch einmal die Ärmel hochkrempelt.

 

Den grössten Schaden richten jedoch jene Gemeinderäte an, die glauben das masslose Budget durchwinken zu müssen, aber der Steuererhöhung nicht zustimmen wollen. Der Wahlkampf hat noch gar nicht angefangen und so bleibt dieses inkonsequente Verhalten der CVP, die auf ihrer Homepage mit Zitat wirbt „tragfähige Lösungen zum Wohl des Mittelstandes und der Familien“, nur eines: Ein Mysterium.

 

Und wie glauben die Linken, den Haushalt wieder ins Lot zu bringen, wenn 4 Steuerprozente nicht genügen? Warum beantragt sie nicht zusätzliche +6 Prozentpunkte (=4.4Mio Jahresverlust) um einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben? Mit viel Glück würden +10 Steuerprozente gerade genügen um eine schwarze Null zu erreichen. Damit haben wir aber noch nicht den Schuldenberg gestemmt. Wenn man CHF 100 Mio. innerhalb einer Generation, dh. 25 Jahre abschreiben will, muss jährlich zusätzliche 6 Steuerprozente (=4.2 Mio) aufgewendet werden.

 

Wenn die SP und Grünen ehrlich sein wollen, sollten sie die gewaltige Steuerfusserhöhungssumme von +16% beantragen, damit die Investitionen bis Ende 2024 gesichert sind und das Leistungsangebot aufrecht erhalten werden kann. Ansonsten sollten sie den Steuerzahler und Ihre Wähler wissen lassen, ob sie jetzt die Investitionen massiv reduzieren wollen oder das Leistungsangebot einschränken wollen oder Ihren Nachkommen einen Schuldenberg hinterlassen wollen. Wenn man weiss, dass 1 Steuerprozent etwa CHF 700‘000.- mehr Steuereinnahmen generiert, kann man dieses Budget rechnen wie man will, es wird nicht im 2021 und auch nicht im 2022 und auch nicht in den Folgejahren reussieren.

 

Der Stadtrat schreibt selbst im Budget-Vorwort, dass „die Verschuldung DIE grosse Herausforderung“ ist und „Corona die Verschuldung weiter erhöht“ und deshalb ein „entschiedenes Eingreifen“ erfordert.

 

Dies ist die unangenehme Wahrheit: Der Stadtrat muss zugeben, dass die Effizienzverbesserungen ungenügend waren und der Punkt gekommen ist, nicht nur über Leistungskürzungen zu reden, sondern diese auch durchzusetzen.

 

Hier stellt sich die Frage, ob der Stadtrat mutlos ist oder die Verwaltung den Ernst der Lage nicht erkannt hat. Bisher versucht der Stadtrat den Ball an den Gemeinderat zurück zu spielen.

 

Mit der Rückweisung sollten wir das einfordern, was der Stadtrat bereits vor der Fusion in Aussicht gestellt hatte, Zitat Philipp Kutter: „Die Hausaufgaben zu machen, um die gesetzten Ziele zu erreichen“, dh. ein ausgeglichenes Budget und keine Steuerfusserhöhung, für nächstes Jahr und die vielen folgenden Jahre, für eine Stadt die lebenswert ist und es auch bleiben soll. Eine Rückweisung ist nicht das Ende, und es ist auch nicht der Anfang vom Ende, aber es ist vielleicht das Ende dieses schwierigen Anfangs.

 

[Votum GR Angelo Minutella anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 14.12.2020]